Erziehen - aber wie?
Erziehungsprogramme im Vergleich
Max, zwei Jahre alt, sitzt mit seiner Mama im Café. Während der Kleine zufrieden seinen Kakao löffelt, blättert die Mutter entspannt in einem Magazin. Die ältere Dame, die am Tisch vorbeigeht, bemerkt ganz gerührt: „So ein braver Junge...“. Was sie nicht weiß ist, dass der „brave Junge“ sich kurz zuvor im Supermarkt wie ein kleines Monster benommen hat, weil die „blöde Mama“ ihm kein Überraschungs-Ei kaufen wollte. Auf der Suche nach Tipps und Anleitungen, um Konfliktsituationen zu lösen, Trotzphasen zu begegnen und Grenzen zu setzen, die von allen Beteiligten akzeptiert werden können, bieten Erziehungsprogramme Unterstützung. Fünf aktuelle Programme stellen wir dir kurz vor.Triple P – Positive Parenting Program
Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern, ihnen ein positives Selbstbild zu vermitteln und in Konflikten konstruktiv statt verletzend zu handeln, ist das Ziel des „Positive Parenting Programs“, kurz Triple P genannt.Das an der University of Queensland, Australien von Dr. M. Sanders und seiner Arbeitsgruppe entwickelte Programm basiert auf Methoden der modernen Verhaltenstherapie und soll Verhaltensauffälligkeiten vorbeugen. Ausgangspunkt zur Veränderung einer Situation sind die liebevolle Zuwendung und eine angemessene Kommunikation mit dem Kind. Um dem Kind beizubringen, Grenzen zu akzeptieren und mit Enttäuschungen umzugehen, sollen wenige, aber verbindliche Regeln aufgestellt werden, mit denen die Eltern konsequent, direkt und entschieden auf das Verhalten des Kindes reagieren. Zu den häufigsten Problemsituationen (Essen, Einschlafen, etc.) gibt das Programm detaillierte Handlungsanweisungen. Checklisten werden eingesetzt, um das Verhalten zu dokumentieren, Punktekarten dienen als Motivationshilfe und Belohnungssystem für die Kinder, um neu Erlerntes zu behalten.
kidsgo-Kommentar:
Kritische Stimmen zu Triple P bemängeln vornehmlich die „kochbuchhafte Erziehungsanleitung“ einiger Triple P-Materialien. Sie würden besondere familiäre Umstände, Ausnahmesituationen oder die jeweilige Entwicklungsphase des Kindes häufig unbeachtet lassen, so „dass grundsätzlich begrüßenswerte Inhalte leicht in das Gegenteil umkippen und dann rigide, beziehungslose, dressurmäßige Erziehungshaltungen begünstigen“ (Prof. Dr. Günther Deegener, Uni-Nervenklinik Saarland).Eltern, die Triple P anwenden – so eine Studie der TU Braunschweig – empfinden das Training als hilfreich und geben an, dass sich das Verhalten des Kindes und die Eltern-Kind-Beziehung dadurch verbessert hat.
Triple P – Positive Parenting Program
Teil 2
STEP – Systematic Training for Effective ParentingStarke Eltern – Starke Kinder
Teil 3
Gordon-FamilientrainingUnterschiedliche Herkunft – gemeinsames Ziel
Erziehen - aber wie?
STEP – Systematic Training for Effective Parenting
Kinder zu kooperativen, verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen, ist das Ziel von STEP. Das „Systematische Training für Eltern“, so die deutsche Übersetzung, versteht sich als präventives Programm, bei dem Eltern in wenigen Stunden konkrete Strategien erfahren, um immer wiederkehrende Konfliktsituationen zu meistern und damit unnötigen Stress und Streit bei der Erziehung zu vermeiden.Schwerpunkt des Trainings, das von amerikanischen Familientherapeuten entwickelt wurde, ist es, Grenzen zu setzen, innerhalb derer die Kinder entscheiden können. Damit hat sich STEP dem demokratischen und selbstbestimmten Grundsatz verpflichtet, der allerdings auch beinhaltet, dass die Kinder die Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen. Während der Kurse lernen Eltern das Verhalten der Kinder aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und die Stärken ihres Sprösslings zu fördern, anstatt sich immer wieder in Machtkämpfe verwickeln zu lassen. In spannungsgeladenen Situationen sollen die Eltern den Konflikt zunächst mithilfe einfacher Fragen analysieren, z. B.: „Wie fühle ich mich jetzt? Was will das Kind mit seinem Handeln bezwecken?“, um die eigenen, negativen Emotionen besser zu kontrollieren und angemessen handeln zu können. Ziel ist es, Schritt für Schritt eine Beziehung entstehen zu lassen, die von gegenseitigem Respekt getragen ist und die Individualität des einzelnen Kindes sowie die Werte der jeweiligen Familie berücksichtigt.
STEP gibt Eltern klar strukturierte Regeln für den gegenseitigen Umgang, die Orientierung vermitteln und dem Kind helfen sollen, ohne es zu drillen.kidsgo-Kommentar:
Sehr wirkungsvolles, sehr amerikanisches Programm, das die Durchsetzung des gewünschten Verhaltens auf Basis einer Entscheidung innerhalb vorgegebener Grenzen unterstützt. Konfliktsituationen enden häufig mit dem Satz: „Du entscheidest“ – mit dem sich das Kind für oder gegen definierte Folgen mit seinem Verhalten entscheiden kann.Starke Eltern – Starke Kinder
Mitdenken statt vordenken, gemeinsam vorankommen statt jemandem Anweisungen erteilen, Eltern und Kinder ernst nehmen und an ihrer Seite bleiben. Das sind, so der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) in seinem Jahresheft „Starke Eltern – Starke Kinder 2005“, die Zutaten, die Eltern in den Niederungen des Alltags stark machen. Informativ und unterhaltsam stellt das Heft viele Tipps, Anregungen und Hilfen für den Erziehungsalltag vor – oft mit einer Prise Humor und einem Augenzwinkern.Der Deutsche Kinderschutzbund will Eltern Mut machen und ihnen Entlastung im Erziehungsalltag bieten. In seinem Konzept setzt der DKSB auf gegenseitige Achtung, Anerkennung und Freude – und vermittelt diese Haltung auch in den gleichnamigen Seminaren zum Thema. In den Kursen definieren und reflektieren die Eltern gemeinsam mit den Trainern individuelle Erziehungsziele, -werte und -vorstellungen. Die Bedürfnisse und Rechte von Kindern und Eltern werden beleuchtet, die Kommunikation in der Familie unter die Lupe genommen und last, not least, der Umgang mit Konflikten trainiert, um – so der vielfach geäußerter Wunsch der Eltern – eine gewaltfreie Erziehung zu realisieren.
kidsgo-Kommentar:
Programm, dass das Selbstbewusstsein von Kindern und Eltern fördert, mit dem Ziel – jenseits von Machtpositionen – gewaltfrei, entspannt und freundlich miteinander umzugehen.Triple P – Positive Parenting Program
Teil 2
STEP – Systematic Training for Effective ParentingStarke Eltern – Starke Kinder
Teil 3
Gordon-FamilientrainingUnterschiedliche Herkunft – gemeinsames Ziel
Erziehen - aber wie?
Gordon-Familientraining
Eine glückliche Kindheit in einer Familie, in der Demokratie und Gleichberechtigung herrschten, ist Ziel und Herkunft von Dr. Thomas Gordon, dem Begründer des Gordon-Familientrainings. Das Programm ist für Eltern gedacht, die ihren Kindern Selbstwert, Selbstvertrauen und Eigenständigkeit vermitteln möchten. In unterschiedlichen Workshops erfahren die Teilnehmer praktische Hilfe zu den Themen: Klare Kommunikation, wirksame Grenzen setzen, ohne zu verletzen, Wertkonflikte und Einfluss auf Kinder nehmen sowie Kindern hilfreich beistehen. Dabei werden Glaubenssätze wie „Eltern müssen ihre Kinder immer lieben“ oder Eltern müssen ihren Kindern gegenüber immer konsequent sein“ schnell als Mythen entlarvt.
Im Mittelpunkt steht vielmehr der Umgang mit der Tatsache, dass Beziehungen immer durch Persönlichkeiten, Stimmungen, Bedürfnisse und Konflikte geprägt sind – auf Eltern- wie auf Kinderseite. Ziel des Gordon Familientrainings ist es, Beziehungen tragfähig, krisensicher und befriedigend für alle Beteiligten zu gestalten. Ich-Botschaften, aktives Zuhören und die Analyse von Konfliktsituationen sind Verhaltensweisen, die in den Kursen vermittelt werden.
Hinweise für eine angemessene elterliche Reaktion auf Konflikte, sind in erster Linie die Antworten auf zwei Fragen: Erstens, ob das Verhalten des Kindes für die Eltern annehmbar oder unannehmbar ist und was die Eltern tun können, um das Verhalten so zu ändern, dass es annehmbar ist. Und zweitens, die Frage, wer ein Problem mit der Situation hat – Eltern oder Kind, die extrem hilfreich ist. Sie schützt den Elternteil davor Probleme zu bearbeiten, die nicht seine sind und das Kind vor der Einmischung der Eltern in seine eigene Problemlösungen. Selbstverständlich stehen die Eltern dem Kind jederzeit als Ratgeber zur Problemlösung zur Verfügung, können vermitteln oder gemeinsam mit dem Kind die Konflikte lösen.
Wichtig ist vor allem, dass die Bedürfnisse von Eltern und Kindern gleichberechtigt betrachtet werden, damit es zu Lösungen kommen kann, in denen keiner der Betroffenen zum Gewinner oder Verlierer wird, sondern die eigene Persönlichkeit angstfrei und vertrauensvoll entfalten kann.
Hinweise für eine angemessene elterliche Reaktion auf Konflikte, sind in erster Linie die Antworten auf zwei Fragen: Erstens, ob das Verhalten des Kindes für die Eltern annehmbar oder unannehmbar ist und was die Eltern tun können, um das Verhalten so zu ändern, dass es annehmbar ist. Und zweitens, die Frage, wer ein Problem mit der Situation hat – Eltern oder Kind, die extrem hilfreich ist. Sie schützt den Elternteil davor Probleme zu bearbeiten, die nicht seine sind und das Kind vor der Einmischung der Eltern in seine eigene Problemlösungen. Selbstverständlich stehen die Eltern dem Kind jederzeit als Ratgeber zur Problemlösung zur Verfügung, können vermitteln oder gemeinsam mit dem Kind die Konflikte lösen.
Wichtig ist vor allem, dass die Bedürfnisse von Eltern und Kindern gleichberechtigt betrachtet werden, damit es zu Lösungen kommen kann, in denen keiner der Betroffenen zum Gewinner oder Verlierer wird, sondern die eigene Persönlichkeit angstfrei und vertrauensvoll entfalten kann.
kidsgo-Kommentar:
Programm, das von gleichberechtigten Interessen und Bedürfnissen ausgeht und Lösungen ohne Niederlagen sucht. Die Methode, Situationen durch das „Verhaltensfenster“ zu betrachten erleichtert es, schwierige Situationen distanzierter zu betrachten und sich nicht für alles verantwortlich zu fühlen.Unterschiedliche Herkunft – gemeinsames Ziel
So unterschiedlicher Herkunft die vorgestellten Erziehungsprogramme auch sein mögen, sie verfolgen alle ein gemeinsames Ziel: eine erfüllende Eltern-Kind-Beziehung aufzubauen, die Entwicklung des Kindes zu fördern und den Eltern die Fähigkeit zu vermitteln, schwierige Situationen gelassener und konstruktiver zu lösen. Fast alle Programme setzen dabei auf den Ansatz der positiven Erziehung. Dessen Ziel ist es, Kinder durch positive Reaktionen auf erwünschtes Verhalten zu bestärken, während unerwünschtes Verhalten ignoriert werden soll. Die Inhalte und Ansätze der unterschiedlichen Programme werden in Kursen, Wochen endseminaren oder Workshops vermittelt. In kleinen Gruppen werden konkrete Alltagssituationen diskutiert und analysiert. Das neue Verhalten können die Teilnehmer dann gemeinsam mit qualifizierten Trainern in Rollenspielen ausprobieren und reflektieren. Info- und Begleitmaterial bieten die Möglichkeit, das Erlernte bei Bedarf zuhause noch mal nachzuschlagen.Welches Programm ist das Richtige für mich?
Die Vorstellung der Programme kann lediglich als grobe Orientierung dienen. Alle vorgestellten Kurse sind wissenschaftlich fundiert und erprobt. Falsch machen kannst du bei der Auswahl also nichts. Entscheidend sollte sein, dass du dich im Kurs verstanden und gut aufgehoben fühlen. Und, dass die Ziele des Programms mit deinen familiären Wert- und Moralvorstellungen übereinstimmen. Nur dann kannst du die Tipps und Ratschläge auch langfristig umsetzen und Verhaltensänderungen bewirken.Triple P – Positive Parenting Program
Teil 2
STEP – Systematic Training for Effective ParentingStarke Eltern – Starke Kinder
Teil 3
Gordon-FamilientrainingUnterschiedliche Herkunft – gemeinsames Ziel