Der erste Urlaub mit dem Baby
Friedlich schläft der kleine Leo in seinem Bettchen. Julia genießt die Stunden, in denen sie und ihr acht Monate alter Sohn eine Pause einlegen. So langsam kristallisiert sich ein fester Rhythmus heraus: Leo hat mehr oder weniger feste Schlafenszeiten, vormittags fahren die beiden mit dem Kinderwagen los, mittags gibt‘s Gemüsebrei, nachmittags ist Krabbelzeit. Auch die Nächte sind ruhiger. Mit der Sicherheit wächst aber auch der Wunsch nach Abwechslung vom gewohnten Trott zu Hause: Mal wieder wegfahren, das wäre genau das Richtige. Auch ihren Mann packt schon die Vorfreude auf den Sommerurlaub. „Zwei Wochen auf eine Nordseeinsel“, lautet Svens Vorschlag.
„Oder in die Voralpen. Kaiserschmarren auf der Almhütte. Was hältst du davon?“ Zuerst ist Julia Feuer und Flamme – ganz egal wohin, nur raus, in die Sonne und frischen Wind um die Nase wehen lassen. Doch nach längerem Überlegen sieht sie die Sache etwas kritischer: Sollten sie die eben errungene Tagesstruktur mit einer Reise schon wieder ins Wanken bringen?
Ab wann dürfen Babys reisen
Gerade läuft alles so gut. Wie reagiert Leo auf die ganze Aufregung, die Fahrt, die neue Umgebung? Vielleicht wären ein paar schöne freie Tage zu Hause ja viel erholsamer … Ab wann dürfen Babys eigentlich reisen? Im Prinzip immer. „Feste Altersgrenzen gibt es nicht“, sagt Kinderarzt Dr. Hermann Josef Kahl vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Meist sind die Eltern in den ersten 6 bis 8 Wochen aber mit ganz anderen Dingen beschäftigt: Sie richten ihren Alltag und das Zuhause für den Neuankömmling ein. „Man kann durchaus auch mit Säuglingen verreisen, die jünger als drei Monate alt sind, sofern ihre Bedürfnisse erfüllt werden“, so der Mediziner. Bleibt also die Frage: Wohin soll es gehen? „Müssen wir eigentlich auf irgendetwas achten?“, fragt Sven, „klimatechnisch vielleicht? Meinst du, die dünne Bergluft könnte Leo Probleme machen oder die steife Brise am Meer?“
Sandstrand oder Berggipfel
In Sachen Reiseziel ist alles drin, meint Kinderarzt Dr. Kahl. Klimatische Bedingungen, die denen zu Hause ähneln, sind jedoch am besten. Der kleine Organismus muss sich nicht auf Veränderungen einstellen wie etwa große Temperaturunterschiede.
Voralpen statt ganz hoch ins Gebirge? Auch Berghöhen von über 1500 Metern sieht Dr. Kahl nicht als Problem an – vorausgesetzt, das Kind ist gesund. „In den touristisch zugänglichen Höhen der Gebirge kann sich ein Säugling gut aufhalten. Sicherlich wird man mit einem Baby keine Touren im Hochgebirge planen“, fügt er hinzu.
Babyurlaub bedeutet auch nicht unbedingt Ostsee statt Nordsee. Auch im so genannten Reizklima des Wattenmeeres sieht man Kleinkinder in Wagen und Tragetüchern. Dr. Kahl: „Die Nordseeluft weist eine geringe Allergiedichte auf, Atemwegserkrankungen können sich hier sogar bessern.“ Keine schlechten Voraussetzungen für den Strandurlaub.
Ob Kurztrip oder Jahresurlaub: Am besten verbringt man die Ferien dort, wo man sich wohlfühlt. Dem Baby ist es egal, wohin es geht. Hauptsache, Mama und Papa sind dabei. Bei einem Urlaub zu dritt ist es ratsam, die Reise so früh wie möglich zu planen, Minimum drei bis vier Wochen im Voraus.
Kurze Wege, langer Urlaub
Bei der Wahl des Ferienortes tust du deinem Baby einen großen Gefallen, wenn die Fahrt dorthin nur etwa drei bis vier Stunden dauert. Für Julia und Sven heißt das: ein schnell erreichbares Ziel. Lieber Timmendorfer Strand statt Toskana, Ameland statt Andalusien. Klar ist: Fliegen wollen sie beide nicht. Alles spricht also für den Urlaub in Deutschland oder einem Nachbarland.
Gepäck ins Auto und los! Selbstverständlich liegt Leo dann angeschnallt in seiner Babyschale. Ein Sonnenschutz fürs Seitenfenster schirmt Leos Gesicht gegen grelle Sonnenstrahlen ab. Übrigens: Am besten fährt es sich über Nacht. Dann ist es kühler und auf den Straßen weniger los. Und: Der Kleine schläft oft mehrere Stunden am Stück.
Enspannte Eltern, glückliche Eltern
Bei längeren Fahrten empfiehlt es sich, alle zwei Stunden eine Pause einzuplanen. Dann heißt es erst einmal frische Luft schnappen, spielen, wickeln und stillen. Selbst wenn das Auto im Schatten parkt und das Baby schläft: Niemals den kleinen Hasen drinnen sitzen lassen! Es kann ihm schnell viel zu heiß werden. Für Zerstreuung während der Fahrt sollte ebenfalls gesorgt sein. Dr. Hermann Kahl rät: „Beschäftigen Sie das Kind, wenn es wach ist, spielen und singen Sie mit ihm“. Gut also, wenn das Auto so beladen ist, dass der Beifahrer ohne größeren Umbau auf der Rückbank Platz nehmen kann.
Umweltfreundlicher ist das Reisen mit der Bahn und für Frühbucher auch erschwinglich – kein Stau, keine Autobahngebühren. Alle können sich freier bewegen als im Pkw und kommen entspannter an. ICEs und Fernzüge verfügen über spezielle Kleinkindabteile – sie sind begrenzt und müssen im Voraus gebucht werden.
Dafür sind Wickeltisch und Spielgeräte direkt an Bord. Julia könnte also zwischendurch die Augen schließen, während Sven mit Leo auf dem Arm durch den 300 Meter langen ICE spaziert. Und das ganze Gepäck? Zwei Wochen früher packen und vorausschicken.
Vielleicht ein Kinderhotel?
Sven will vor allem eines im Urlaub: faul sein und lange ausschlafen. „Es gibt doch auch spezielle Kinderhotels, sogar mit Babybetreuung“, überlegt er laut. „Da könnten wir auch mal essen gehen, nur wir zwei, oder abends in die Sauna …“ „Wenn schon Urlaub, dann richtig“, stimmt Julia zu. Ein Ferienhaus bietet Platz, eine eigene Küche und völlige Unabhängigkeit.
Trotzdem würde sie sich gerne für zwei Wochen bekochen lassen, es genießen, dass jemand die Betten macht, die Handtücher wechselt. „Klasse Sache, so ein Babysitter im Haus“, schwärmt Julia. „Aber ehrlich gesagt will ich Leo noch gar nicht einer fremden Person anvertrauen“, gesteht sie. „Vielleicht im nächsten Jahr.“ Für dieses Mal lautet ihre Entscheidung: „Ferienwohnung, am besten eine direkt hinter den Dünen.“
Ferienhaus oder Campingplatz?
Die Unterkunft sollte eine Wickel- und Bademöglichkeit sowie einen geeigneten Schlafplatz bieten. Luxus braucht dein Baby nicht, Standard reicht aus. Es fühlt sich geborgen, solange Mama und Papa in der Nähe sind. Kuscheln und spielen kann es an jedem Ort der Welt. Und Windeln gibt es überall zu kaufen. Und falls einen der Urlaub an einen entlegenen Ort mit spärlichen Einkaufsmöglichkeiten führt, kann man sich vorab zu Hause mit einem Vorrat eindecken.
Viel wichtiger ist, dass sich die Eltern gut zurechtfinden. Wer also ohne Kind nie zelten war, sollte das Experiment Camping nicht gerade im ersten Familienurlaub wagen. Im kinderfreundlichen Hotel oder einer Jugendherberge sind Hausfrau oder -mann entlastet und bei den gemeinsamen Mahlzeiten trifft man viele Gleichgesinnte – gerade für Alleinerziehende ist das angenehm. Wer eher viel Platz und seine Ruhe schätzt, ist in Ferienwohnung oder Ferienhaus gut aufgehoben.
Für was auch immer man sich entscheidet: Im Ferienquartier sollte das Kind ruhig mal schreien dürfen, ohne dass sich gleich Zimmernachbarn und Personal beschweren. Je älter bzw. mobiler das Kind, desto wichtiger ist eine kindgerechte Ausstattung, z. B. ein Absperrgitter vor der Treppe oder Teppichboden statt kalter Fliesen.
Wickeln hin, einkaufen her: Der erste Urlaub mit Baby sollte unbedingt auch Urlaub und Erholung für die Eltern sein! Je wohler sich Mama und Papa fühlen, desto besser für den kleinen Schatz. Und auch wenn es mit dem Einschlafen in der fremden Umgebung nicht so gut klappt – das sollte niemanden von der Reise abhalten. Schlafen können Mama, Papa und Baby im Urlaub auch tagsüber. Für Abenteuer bleibt trotzdem noch Zeit genug.